Alle Stellen sind besetzt - doch jede vierte Einstellung ist (noch) gar nicht Lehrer! Stolz verkündete Bildungssenatorin Sandra Scheeres auf einer Pressekonferenz am Donnerstag, dass es gelungen sei, alle Stellen zu besetzen. Ein Grund zum Aufatmen ist dies indes nicht, denn 500 der 2000 Eingestellten und damit jede vierte Einstellung verfügt noch gar nicht über eine abgeschlossene Ausbildung zur Lehrkraft! Sie sind Teilnehmer/innen des berufsbegleitenden Referendariats. 300 von ihnen haben als Quereinsteiger/in entweder keinerlei Unterrichtserfahrung oder haben diese als Vertretungslehrer im Selbstversuch ohne jegliche fachliche Begleitung und geleitete Reflexion erworben. Dennoch erteilen diese Teilnehmer/innen des berufsbegleitenden Referendariats ab Montag an Oberschulen wöchentlich 19 Stunden, an Grundschulen sogar wöchentlich 21 Stunden eigenständigen Unterricht! Die Annahme, ein einwöchiger Crashkurs nach dem Motto "So arbeitet man als Lehrer/in" würde sie dazu befähigen, zeugt indes von einer Geringschätzung der Rolle der Lehrerbildung für Bildungsqualität seitens der zuständigen Bildungspolitiker. Wohlgemerkt in einer Zeit, in der empirisch arbeitende Bildungsforscher wie John Hattie oder Andreas Helmke die Rolle gut ausgebildeter Lehrkräfte explizit hervorheben.
Bildungssenatorin Scheeres im Interview in der Berliner Abendschau am 21.08.2014
Bildet Berlin! kritisiert, dass mit diesen Maßnahmen die Qualität der Lehrerbildung unter der starken Belastung der Teilnehmer/innen des berufsbegleitenden Referendariats leidet und eine schleichende Ent-Professionalisierung des Lehrerberufs betrieben wird. Diese Kritik richtet sich ausdrücklich nicht an diejenigen, die ein solches Angebot als berufliche Chance nutzen. Wir kritisieren die mangelhafte Vorbereitung und Begleitung von Quereinsteigern und dass mit der hohen Unterrichtsverpflichtung für Teilnehmer/innen des berufsbegleitenden Referendariats billigend in Kauf genommen wird, dass in unnötig hohem Umfang Unterricht von unerfahrenen Berufseinsteigern erteilt wird, bevor diese ihre Ausbildung abschließen konnten. Alleiniges Ziel des Senats ist es dabei indes, einen bestehenden Lehrermangel zu kaschieren, der auf nicht konkurrenzfähige Arbeitsbedingungen und einer nach wie vor drastischen Diskriminierung angestellter Lehrkräfte gegenüber verbeamteten Kollegen beruht.
Weitere Presseberichte: Tagesspiegel vom 18.08.2014 Quereinsteiger im Schuldienst - Der Crashkurs hat begonnen Berliner Zeitung vom 18.08.2014 300 Quereinsteiger-Lehrer starten in Berlin Berliner Morgenpost vom 22.08.2014 Neues Schuljahr, neue Lehrer: 2000 Pädagogen für Berlin - Viele Quereinsteiger und Referendare geben den Unterricht - 30.090 Erstklässler starten Spiegel vom 09.07.2014 Plötzlich Pauker - Lehramt-Quereinsteiger in Berlin Die ZEIT vom 11.06.2014 Quereinsteiger sollen Lehrermangel ausgleichen | erstellt am 22.08.2014, letzte Aktualisierung am 04.12.2014 |
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